Online-Podium vom Kreisverband Schwandorf Bündnis90/DIE GRÜNEN „Familienpolitik und Corona-Krise“

Online-Podium von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN „Familienpolitik und Corona-Krise“  Im Rahmen eines öffentlichen Online-Podiums beschäftigte sich der Kreisverband Schwandorf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vergangene Woche mit dem Thema „Familienpolitik in Zeiten von Corona – was entlastet Familien?“......

17.05.20 –

Online-Podium von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN „Familienpolitik und Corona-Krise“

Im Rahmen eines öffentlichen Online-Podiums beschäftigte sich der Kreisverband Schwandorf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vergangene Woche mit dem Thema „Familienpolitik in Zeiten von Corona – was entlastet Familien?“. Seit 16. März haben Schulen, Betreuungseinrichtungen und Kindertagesstätten geschlossen; Notbetreuung steht seither nur den systemrelevanten Berufstätigen zu. Moderiert wurde das Forum von Tina Winklmann, Bezirksvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die der Frage nachging, wie Familie in diesen Tagen noch funktionieren kann und welche politischen Lösungen es dafür geben könnte.

Stadträtin Hannah Quaas aus Teublitz, berufstätige Mutter von drei kleinen Kindern, schilderte beispielsweise ihren Arbeitstag im Home Office, der teilweise um 4 Uhr morgens beginnt und um 23 Uhr in den späten Abendstunden endet, ständig unterbrochen durch die Notwendigkeit von Homeschooling, Hausarbeit und Kinderbetreuung: „Von einem Moment auf den anderen war die Struktur weg“. Jammern wollte Quaas dennoch nicht, sie forderte stattdessen mehr Solidarität zwischen betroffenen Familien und Frauen. „Es nützt nichts, wenn man sich gegenseitig damit übertrumpft, wer tiefenentspannter durch die Krise geht.“

Die Nittenauer Stadträtin und Kreisrätin Elisabeth Bauer ist selbst in einer schulischen Mittagsbetreuung tätig, derzeit betreut sie Grundschüler systemrelevanter Eltern. „Betreuung läuft nun anders als gewohnt. Man hat die Abstandsregeln ständig im Blick, Spielbereiche müssen laufend desinfiziert werden.“ Mit Sorge sieht Bauer den Gemütszustand der Kinder: „Es ist ein Trugschluss zu glauben, die sozialen Einschränkungen gingen spurlos an Kindern vorbei.“ Die Verunsicherung sei hoch. Am Rande erwähnte sie, dass auch Ernährung in Corona-Tagen anders passiere. Die Verpflegung sei weg, Kantinen geschlossen und Lieferketten, auch beim Schulessen unterbrochen. Andererseits werde daheim mehr gekocht.

„Der Druck auf Eltern ist massiv geworden“, sagte Kreisrätin Ulrike Pelikan-Roßmann, Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern aus Wackersdorf. Wenig hilfreich seien gut gemeinte Ratschläge, man solle die Zeit mit seinen Kindern genießen – „wer zur Arbeit geht, hat diese Zeit nicht!“ Hinzu käme ein ungewohnt rauer und unsolidarischer Ton in der Gesellschaft. „Die Lockerungsdebatten drehen sich um wirtschaftliche Belange. Das ist wichtig. Dennoch muss man Familien eine Perspektive bieten, denn diese kämpfen sich derzeit von Woche zu Woche durch.“ Pelikan-Roßmann betonte hierbei auch, dass man die Schwierigkeiten der Pandemie und den Schutz von Lehrer*innen und Erzieher*innen sowie den der Kinder ernst nehme: „Von all den grassierenden Verschwörungstheorien muss man Abstand nehmen.“

Magdalena Sommer aus Bruck, Erzieherin und Mutter zweier Kindergartenkinder war kurz vorm Einstieg in die Selbstständigkeit, als Corona dazwischen kam. „Das war eine Katastrophe. Da ich noch nicht gestartet war, hatte ich keinen Anspruch auf Soforthilfen. Glücklicherweise hat mein Vermieter Zahlungen derzeit gestundet.“ Sommer schilderte, wie kleine Kinder diese Zeit erleben. „Das sind wichtige Jahre, in denen Kinder soziale Beziehungen aufbauen lernen.“ Kindergartenkinder seien nicht in der Lage, die aktuelle Situation zu verstehen, was zu Ängsten bei den Kleinsten führen könne. Hinzu kommen Eltern, die gestresst seien und aufgrund finanzieller und beruflicher Sorgen nicht weiterwüssten und deren Anspannung sich auch auf die Kinder übertrage.

Die Teublitzerin Claudia Lehmann-Schmidkunz ist stellvertretende Schulleiterin am Elly-Heuß-Gymnasium in Weiden und schilderte eindrucksvoll, wie Lehrer*innen und Schulen mit der Umstellung auf Home-School umgingen. „Wir waren nicht vorbereitet, haben aber die Umstellung auf das digitale Lernen so gut es ging umgesetzt, man muss hier die engagierten Lehrerinnen und Lehrer loben.“ Dennoch gebe Verbesserungsbedarf. In Familien fehle es teilweise an der Basisausstattung, an Druckern, an technischen Geräten; in vielen Orten gebe es nicht flächendeckend Internet. Schüler*innen aus sozial schwächeren Familien seien die ersten, die in Zeiten geschlossener Schulen einen Nachteil hätten. „Nicht jedes Kind schafft es in die Videokonferenz.“ Ebenso dürfe man nicht davon ausgehen, dass jüngere Kinder sich wie selbstverständlich im Netz zurechtfänden und Lehrpläne mustergültig abarbeiteten. „Guter Unterricht ist Didaktik, Pädagogik und Dialog zwischen Lehrerinnen und Lehrern und Schülerinnen und Schülern.“ Online-Unterricht in der jetzigen Form sei kein Ersatz dafür. Dankbar war Lehmann-Schmidkunz in diesen Tagen für jede Rückmeldung von Eltern an die Schulen, alleine, um in Kontakt zu bleiben.

Sonja Probst, Gemeinderätin aus Wackersdorf, berichtete von kreativen Lösungen, welche Schulen während der Pandemie erarbeitet haben. „Nach Lockerung der Kontaktbeschränkung bot ein Lehrer sogar Einzelspaziergänge mit Schülerinnen und Schülern an.“ Sehr viel laufe derzeit über Telefon und die Online-Verbindungen. Sorgen macht sich Probst dennoch: „Ob die Inhalte aus diesen Tagen bei den Schülern hängen bleiben, ist fraglich.“ Florian Klein, Informatiker und selbstständiger Musiklehrer aus Wernberg-Köblitz, ist derzeit auf Online-Unterricht umgestiegen: „Es klappt ganz gut, aber den persönlichen Kontakt ersetzt es nicht“, so Klein.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmer*innen an dieser interessanten und konstruktiven Online-Veranstaltung.